Gesetze steuern Handeln, Steuern steuern nicht

In den vergangenen Tagen beherrschte ein Thema die Diskussion, welches quasi jeden zu betreffen scheint: Eine erhöhte Mehrwertsteuer auf Fleisch. [1] Hierzu führt Annette Berndt, Landesthemenbeauftragte für Landwirtschaft der Piratenpartei Niedersachsen, aus:

Einmal mehr wird das Pferd von hinten aufgezäumt und wer glaubt, dass man mit Mehrwertsteuer den Mehrwert steuern kann, glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten. Mit erhöhten Preisen die Haltungsbedingungen für Nutzvieh verbessern zu wollen, ist illusorisch. Wer das erwartet, verkennt die Ursachen, nämlich den Wettbewerb in der Nahrungsmittelproduktion, der jetzt in Sachen Rindfleisch noch durch erhöhte US-amerikanische Fleischimporte verstärkt werden soll. [2] Tierwohl muss am Anfang der Erzeugung stehen und nicht am Ende durch eine Steuer Mittel für Investitionen bürokratisch umständlich eventuell vielleicht zu generieren für Investitionen in den Anfang. Aus der Spirale aus „Überangebot – Wettbewerb – Preisdruck an den Erzeuger weitergeben – mangelnder Tierschutz und Arbeitsschutz“ kommen wir nur heraus mit klaren Regeln, deren Einhaltung der Staat gewährleisten muss.

Das kann geschehen z.B. durch die Wiederherstellung der Flächenbindung, die besagt, dass nur soviele Tiere gehalten werden können, wie Futterfläche im Betrieb vorhanden ist. Das wäre eine Maßnahme gegen die Massenproduktion und gäbe Raum für bäuerliche Landwirtschaft. Soweit ein Vorschlag, damit Fleisch allmählich wieder – wie früher zu Zeiten des Sonntagsbratens – den Wert und den Preis bekommt, der angemessen ist. Der Preisunterschied zum Bio-Fleisch wäre dann auch nicht mehr so groß, wo ja jetzt schon viel bessere Haltungsbedingungen Vorschrift sind. Sollte die Bio-Branche eigentlich von der Mehrwertsteuererhöhung ausgeschlossen werden? Hier wird einmal mehr deutlich, wie unsinnig die Idee ist.

Was wir brauchen, ist die konsequente Anwendung von bestehenden Gesetzen mittels lückenloser Kontrolle des Produktionsweges von Fleisch, also ausreichend vorhandene, umfangreich geschulte, unabhängig und transparent arbeitende Kontrolleure in den Veterinärämtern. [3] Und wo das nicht ausreicht, müssen Gesetze verschärft werden. Hier muss sich Politik endlich gegen Lobbyeinflüsse durchsetzen und die steuernden Wirkungen von Gesetzen nutzen.

Ergänzend führt Thomas Ganskow, Landesvorsitzender der Piratenpartei Niedersachsen, aus:

Die ehemalige Landesregierung hat da mit Ringelschwanz- und Schnabelprämie zwar erste zaghafte Schritte gemacht, mit Unterstützung freiwilliger Maßnahmen etwas zu erreichen. Dies wird allerdings viel zu wenig genutzt. [4] Und wenn die Freiwilligkeit wie so oft nicht wirkt, wenn konventionelle Produktion höhere Gesamterträge bietet, muss daraus eben eine gesetzliche Grundlage werden. Das würde helfen. Von den nach wie vor nicht tiergerechten Mindestgrößen in Stallungen mal ganz zu schweigen. [5] Dann spart man übrigens auch die Prämie.

[1] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-08/tierschutz-mehrwertsteuer-spd-gruene-fleisch-steuer
[2] https://www.handelsblatt.com/politik/international/annaeherung-im-handelsstreit-usa-und-eu-beschliessen-rindfleisch-deal/24867446.html?ticket=ST-4719271-YGB6dKglzMMYV6PoFk73-ap2
[3] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Schlachthof-Skandal-Veterinaere-direkt-beteiligt,schlachthof388.html
[4] https://www.weser-kurier.de/region/niedersachsen_artikel,-ringelschwanzpraemie-auf-dem-pruefstand-_arid,1739849.html#nfy-reload
[5] https://www.deutschlandfunkkultur.de/berliner-klage-zur-tierzucht-arme-schweine.976.de.html?dram:article_id=439654


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